Choraufnahmen in Agarn
- bertrand985
- 23. Juli 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Juli 2021

Letztes Jahr wurde ich von Alessandra Zenklusen, einer Chorleiterin und Dirigentin kontaktiert betreffend Aufnahmen im Rahmen ihrer Diplomarbeit. Das Thema dieser Arbeit lautet:
"Androgyne Stimmverteilung im traditionellen Chor"
Das klang überaus spannend und so willigte ich sofort ein, da mit dabei zu sein. Wie bei so vielen anderen Projekten im Bereich Musik/Aufführungen machte auch uns Corona erstmals einen Strich durch die Rechnung und wir mussten den Aufnahmetermin mehrmals verschieben.
Im Mai dieses Jahres war es dann aber soweit und wir konnten loslegen. Als Aufnahmeort wurde die Kirche in Agarn ausgesucht und so trafen der Chor und ich an einem Samstag dort ein. Während der Chor sich vor der Kirche einsang, was nach der längeren Corona-Pause sicher notwendig war, erledigte ich die Vorbereitungen und baute alles auf.

Da der Chor aus "nur" 16 Personen bestand, entschied ich mich für eine ORTF-Mikrofonierung, welche für diese Basis ausreichend sein sollte. Die Mikrofone, zwei Rhode NT5, wurden etwa 2 Meter hinter der Dirigentin in einer Höhe von ca. 3 Metern positioniert. Zusätzlich zum Chor kam noch ein E-Piano für die Begleitung hinzu, welches ich direkt über eine Line-Leitung abnahm. Für die Aufnahme selber wollte ich zweigleisig fahren. Einerseits nahm ich die Spuren direkt im Recorder (Sounddevices Mixpre 10T) auf eine SD-Karte auf, andererseits nutzte ich die Interface-Option des Recorders, um die Spuren parallel in Pro Tools auf einem Macbook aufzunehmen. Ich bevorzuge nach wie vor einen Laptop bei Aufnahmen einzusetzen anstatt nur den Harddisk-Recorder, weil ich so mehr Kontrolle über das Anlegen, Abhören und Kommentieren der Takes habe. Ausserdem habe ich dadurch ein redundantes System und damit etwas mehr piece of mind.

Wie bei fast jeder Aufnahmesession, gab es auch hier den berüchtigten Panik-Moment, kalter Schweiss auf der Stirn und klamme Finger, nachdem ich bemerkt hatte, dass in Pro Tools kein Signal aufgenommen wurde. Die Wellenformanzeige war flach wie der Herzschlag-Monitor eines Zombies. Die Zeit drängte, also hiess es kühlen Kopf bewahren, die Situation analysieren und bald darauf fand ich den Fehler. Pro Tools hatte wieder mal beim Start ein falsches Audio-Interface ausgewählt. Also kurz Einstellungen angepasst und schon war wieder Ton auf der Festplatte.
Der aufzunehmende Song war "the Rose", welcher durch Bette Midler bekannt gemacht wurde. Für die Diplomarbeit war es notwendig, mehrere Varianten davon festzuhalten. Einmal in traditioneller Variante mit männlichen Tenören, dann eine mit nur weiblichen und schlussendlich noch zwei Varianten, in der nur die Tenöre (m/w) aufgenommen wurden. Da nicht jeder Take gleich der Gewinner war, gab es natürlich mehrere Versionen der Varianten. Ausserdem gab es die üblichen Abbrüche,
weil diese oder jene Betonung oder Intonation noch nicht nach
dem Gusto von Alessandra, der Chorleiterin war ;-)
Schlussendlich war alles im Kasten und der sich tapfer gehaltene Chor wurde ins Apéro entlassen. War sicher nicht einfach, den gleichen Song immer und immer wieder zu singen. Ausserdem mussten sie sich auch erst an die Aufnahmerituale gewöhnen, die da wären:
Keine raschelnden Kleidungsstücke, kein Schmuck oder sonst etwas, das Lärm verursachen könnte
Kein lautes Umblättern der Notenblätter
Nach dem Stück kein lautes Ausschnaufen, Räuspern oder sonstige Geräusche für min. 3-4 Sekunden nach dem die letzte Note ausgeklungen ist.
Nach anfänglichen Ausrutschern ging es damit aber immer besser, auch dank der Unterstützung und dem Verständnis von Alessandra bezüglich der Aufnahmesituation, die sich doch etwas von einem Live-Auftritt unterscheidet.
Die Nachbearbeitung und Mischung habe ich dann bei mir im Studio erledigt. Bei einem Chor muss, auch aufgrund der wenigen Spuren, nicht allzu viel bearbeitet werden, es soll ja auch natürlich und authentisch klingen. Wer sich selbst ein Bild machen will über die Unterschiede in der Stimmverteilung: Im Audio-Bereich sind die zwei finalen Versionen des Songs in der Variante Klassisch und Modern zu finden oder direkt über die folgenden Links:
War ein tolles Erlebnis mit dem Chor Agarn und Alessandra zu arbeiten und vielleicht gibt es in Zukunft die Gelegenheit, dies zu wiederholen.
Comments